Tierarztverbände fordern Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes

Der Notdienstberuf Tierarzt braucht Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz. Das fordern in einer gemeinsamen Erklärung die Bundestierärztekammer (BTK), der Bundesverband praktizierender Tierärzt (bpt) und 16 Landestierärztekammern von der Politik. Konkret soll die unverändert geltende Wochenhöchstarbeitszeit, flexibler auf die Wochentage verteilt werden dürfen und auch die Ruhezeiten (aktuell 11 Stunden) will man verändert sehen.

Ein Beispiel: Zur Zeit sind laut Gesetz acht bzw. maximal zehn Arbeitsstunden am Stück erlaubt; gefolgt von verpflichtenden elf Stunden Ruhezeit. Bei einer 12 / 12 Aufteilung (Arbeitszeit / Ruhezeit) liesse sich zum Beispiel ein 24-Dienst in einer Tierklinik mit zwei statt drei Tierärzt:innen abdecken.

Zentrale Punkte der Resolution

Daher fordern die veterinärmedizinischen Organisationen folgende Änderungen zur Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes (Wortlaut):

  • Umstellung von einer Tages-Höchstarbeitszeit auf eine Wochen-Höchstarbeitszeit mit einer flexiblen Verteilungsmöglichkeit der Arbeitsstunden
  • Eine damit verbundene Möglichkeit zur begrenzten Verkürzung vorgeschriebener Ruhezeiten
  • Definierte flexible Wochenend- und Feiertagsregelungen

Wir fordern die Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung auf, die im Koalitionsvertrag
der Bundesregierung vereinbarte Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes aktiv
umzusetzen.
Nur so können gravierende strukturelle Probleme der tierärztlichen Versorgung in
Deutschland vermieden werden!
Nur so können angestellte und selbstständige Tierärztinnen und Tierärzte den
tierärztlichen Notdienst aufrechterhalten!
(Volletext der Resolution)

Begründung der Verbändeforderung

Der bpt begründet die Verbändeforderungen wie folgt:

Tiergesundheit und damit Tierschutz in der Landwirtschaft wie im Kleintier- und Pferdebereich sind nur möglich, wenn genügend Tierärztinnen und Tierärzte zur Behandlung erkrankter oder verletzter Tiere zur Verfügung stehen. Der Fachkräftemangel macht aber auch vor derTierärzteschaft nicht halt. Deshalb ist die flächendeckende tiermedizinische Versorgung,besonders im Not- und Nachtdienst, akut gefährdet.

Tierärztemangel wächst seit Jahren.
Bereits seit Jahren weist der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) die Bundespolitik auf das Problem hin und macht Vorschläge, wie der Entwicklung effektiv begegnet werden kann. Die Gründe für den Mangel sind ebenso vielfältig wie die Stellschrauben an denen gearbeitet werden muss: Dazu zählen veränderte Auswahlverfahren fürs Tiermedizinstudium, veränderte Studieninhalte, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für angestellte wie selbstständige Tierärztinnen und Tierärzte und eine dringend benötigte Entbürokratisierung des Berufsalltags. Alle diese Prozesse brauchen aber Zeit, die nicht mehr gegeben ist.

Handeln, und zwar jetzt
Vielmehr ist jetzt sofortiges Handeln nötig, um zu verhindern, dass sich bislang noch vereinzelte Berichte zu nicht behandelten Tieren in den nächsten Monaten zu einem Flächenbrand entwickeln. Vor allem das starre Arbeitszeitgesetz verbietet es Tierärztinnen und Tierärzten Arbeitsstunden flexibel einzusetzen und damit ihren berufsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen.
Der bpt fordert daher gemeinsam mit der Bundestierärztekammer (BTK) und den Landestierärztekammern die Bundesregierung auf, als Sofortmaßnahme das Arbeitszeitgesetz endlich zu flexibilisieren, um kranke und verletzte Tiere auch weiterhin jederzeit und flächendeckend tierärztlich versorgen zu können. Es ist nicht einzusehen, dass die Bundesregierung bei dieser Frage dem Staatsziel Tierschutz keine Beachtung schenkt.

Sofortmaßnahmen
Konkret fordert die Tierärzteschaft eine gesetzliche Umstellung von einer Tages-
Höchstarbeitszeit auf eine Wochen-Höchstarbeitszeit. Zusätzlich fordern bpt und BTK eine flexible Verteilbarkeit von Arbeitsstunden und damit einhergehend eine begrenzte Verkürzung vorgegebener Ruhezeiten sowie flexible Wochenend- und Feiertagsregelungen.
Nur so kann sichergestellt werden, dass angestellte und selbstständige Tierärztinnen und
Tierärzte den tierärztlichen Notdienst aufrechterhalten!


Die Forderung der Verbände findet sich auch in Presseberichten – einige Beispiele:

Meldung des dpa-Landesdienstes Hessen – in mehreren Medien erschienen, z.B.
Frankfurter Rundschau
Main-Echo
Interview in der Gießener Allgemeinen mit Hessen Tierärztekammerpräsidentin Prof. Sabine Tacke
Bericht auf Topagrar